Wie sieht die Zukunft des Journalismus aus? Die Antwort auf diese Frage hängt vor allem davon ab, wen man fragt. Erscheint die letzte gedruckte Zeitung wirklich 2034? Journalistikprofessor Klaus Meier hat diese (statistische) Deadline vor einigen Jahren errechnet – und anhaltende Auflagenverluste, Personalkürzungen und Redaktionszusammenlegungen versprechen nicht unbedingt Besserung.
Schreiben Computerprogramme irgendwann Kommentare und der öffentliche Diskurs ist algorithmusgesteuert? Einfache Meldungen, basierend auf Datenbasen wie Wetter und Lottozahlen, funktionieren heute schon ganz gut. Zum Auftakt des Masters New Media Journalism haben sich die Studierenden mit ihrer eigenen Zukunft und Zukunft auseinandergesetzt. Journalistisch natürlich.
Zeitung, festangestellt, Qualitätsmedium? – Der Blick in die Glaskugel des Journalismus
In Einstellungsgesprächen ist es der Klassiker: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ Dabei geht es darum, ob die ausgeschriebene Stelle in den Masterplan des Bewerbers passt, ob er seine Karriere aktiv gestalten möchte und motiviert ist. Für Journalisten ist diese Frage schon schwieriger zu beantworten. Wer mit „regionaler Tageszeitung“ antwortet, muss sich auf die Gegenfrage „Ach, die gibt es noch?“ einstellen. Wer diplomatisch „Auf jeden Fall bei einem Qualitätsmedium“ zum Besten gibt, erntet vermutlich einen süffisanten Blick. Und wer selbstsicher „Festangestellt, in einer Führungsposition“ kontert, qualifiziert sich fürs Glossenschreiben, die Witzerubrik oder die Satirespalte – bei dem Humor.
Wer heute in den Journalismus strebt oder darin schon Zuhause ist und sich weiter qualifizieren möchte, hat und braucht vor allem eines: Herzblut. Warum? Er muss es ertragen, dass er für etwas in Generalhaft genommen wird, wofür er gar nichts kann: Verlagskrisen, gemeinhin als Medienkrise tituliert. Er muss es ertragen, dass um ihn herum immer weniger Menschen Zeitung lesen, und immer mehr News über soziale Netzwerke beziehen. Im schlimmsten Fall wird er mit Lügenpresse-Anfeindungen konfrontiert. Argumente helfen da eher wenig, Emotionen bestimmen die Tonlage der Absender.
Journalismus bleibt ein Handwerk
Zehn Studierende aus Deutschland und der Schweiz haben im Oktober 2018 ihr zweijähriges Masterstudium New Media Journalism an der Leipzig School of Media (LSoM) aufgenommen. Sie kommen aus der Praxis, sie glauben an den Beruf (trotz des schlechten Images). Sie sind – übrigens genauso wie die Macher des Studiengangs, das sind neben der LSoM die Akademie für Publizistik in Hamburg, die Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern und die Universität Leipzig – davon überzeugt, dass Journalismus die wichtigen Aufgaben der Information, der Meinungsbildung und der Kritik und Kontrolle erfüllen muss. Gerade in politisch turbulenten Zeiten, Fake News, anhaltender Globalisierung und Digitalisierung braucht es Orientierung durch ungefilterte, sauber recherchierte, transparent dokumentierte und attraktiv aufbereitete Nachrichten. Und sie wollen etwas ändern, nämlich den Journalismus weiterentwickeln. Multimediale Gestaltung gehört dabei ebenso dazu Datenrecherche oder journalistische Ethik. Als Studiengangsverantwortlicher und Dozent darf ich meinen Teil dazu beitragen: Wissen vermitteln, Perspektiven aufzeigen, ermutigen und vor allem trainieren.
Dem Trainieren dieses „Handwerkszeugs“ geht eine Selbstbestimmung voran. Wo steht der Journalismus heute und wie hat er sich bis dato entwickelt? Was macht ihn zu einem so hohen Gut in der Demokratie? Welche Rolle nimmt er im öffentlichen Diskurs ein und wie kann das Publikum – wer ist das überhaupt – (besser) erreicht werden?
Viele Fragen zum Einstieg, auf die nach und nach fundierte Antworten gesucht und gefunden werden. Der Input der Studierenden und der Blick aus der Praxis ist dabei ebenso wertvoll für den Austausch. Im ersten Modul setzten sich die Studierenden deshalb journalistisch mit diesen Leitfragen auseinander und produzierten ganz unterschiedliche Formate. Und das in 60 Minuten. Viel Vergnügen bei der Lektüre, dem An- und Zusehen ausgewählter Beiträge (vielen Dank an dieser Stell den AutorInnen)! Und wundern Sie sich nicht: Aufgabe war es auch, die Begriffe „Liebe“, „Fake News“, „Fisch“, „künstliche Intelligenz“ sowie „Deadline“ in den Beitrag zu integrieren. Denn auch Kreativität gehört zum Journalismus.